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Strategische Asset Allocation
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4.2.4 Prognosen mittels Renditeregressionen

Unter der Annahme zeitvariabler Risikoprämien interessiert weniger die
durchschnittlich realisierte Risikoprämie, sondern vielmehr die Frage ob die ex-
ante erwarteten Renditen und Risikoprämien zum momentanen Zeitpunkt
ungewöhnlich hoch oder tief sind. Da Preise relativ zu ihren fundamentalen
Kennzahlen wie Dividenden oder Gewinnen nicht ewig ansteigen können,50
bedeuten hohe Preise auf den Aktienmärkten entweder einen von den Investoren
erwateten Anstieg dieser Fundamentalkennzahlen und/oder niedrigere zukünftige
Marktrenditen.51

Die meisten Autoren in der jüngeren Literatur propagieren den preisbasierten
Ansatz und folgern aus den momentan im historischen Vergleich hohen Kurs-
Gewinn- (P/E) bzw. Kurs- Dividenden- (P/D) Verhältnissen niedrigere (und damit
zeitvariable) zukünftige Renditen und Risikoprämien.52 Dem widersprechen
Ibbotson und Chen, die hohe Kurs- Gewinn- Verhältnisse implizit auf hohe vom
Markt eskomptierte Gewinnwachstumsraten zurückführen.53

Ibbotson und Chen kombinieren dabei die Annahme der Markteffizienz, die
Annahme konstanter Risikoprämien und die Annahme, dass niedrige
Ausschüttungsraten von Gewinnen hohe zukünftige Wachstumsraten bedeuten.54
Unter diesen Annahmen kommen sie zu dem Ergebnis, dass die momentan hohen
Kurs- Gewinn- Verhältnisse die zukünftigen (Überschuss-) Renditen
nicht beeinflussen.
Die hohen Kurs- Gewinn- Verhältnisse werden dabei also durch höhere
antizipierte und eskomptierte Wachstumsraten der Gewinne erklärt. Die
„unsichtbare Hand“ des effizienten Kapitalmarktes sorgt demnach für
angemessene Preise und kann damit jede fundamentale Bewertungshöhe und
Ausschüttungsrate erklären.55

Jedoch lassen sich die theoretisch durchaus fundierten Thesen von Ibbotson
und Chen empirisch nicht bestätigen.
Arnott und Asness zeigen für den Aktienmarkt der USA, dass niedrige
Ausschüttungsraten entgegen der ökonomischen Intuition in der Vergangenheit
nicht im Durchschnitt höhere, sondern tiefere Gewinnwachstumsraten in den
nachfolgenden Perioden zur Folge hatten und zerstören damit einen Grundstein
der Analyse Ibbotsons und Chens.56 In Abbildung 3 wird dieser Zusammenhang
veranschaulicht:

Abbildung 3: Ausschüttungsraten und darauffolgende 10- jährige Gewinnwachstumsraten
Ausschüttungsraten und darauffolgende 10- jährige Gewinnwachstumsraten
Quelle: Arnott (2001), in: Leibowitz u.a. (2001), S.86.


Auch findet Asness keine empirische Evidenz, dass hohe P/E- Verhältnisse in der
Vergangenheit ex- post höhere Wachstumsraten der Gewinne bedeuteten.57
Geht man also davon aus, dass die erwarteten Renditen und Risikoprämien
zeitvariabel sind und sich langfristig den fundamentalen Kennzahlen angleichen,
ist die Risikoprämie tief, wenn die Preise aus fundamentaler Sicht hoch sind und
vice versa.
Drobetz hat diese Hypothese durch ein einfaches Regressionsmodell für die
Schweizer Marktrisikoprämie getestet:58

Regressionsmodell Marktrisikoprämie           (15)

wobei RPt->t+p die über p Perioden gemessene Risikoprämie für die Schweiz im
Zeitraum von 1970-1999 ist.59 Tabelle 3 zeigt das Ergebnis seiner Regression:

Tabelle 3: Regression der Risikoprämie auf die Dividendenrendite

Regression der Risikoprämie auf die Dividendenrendite
Quelle: Drobetz (2000), S.374.

Der Steigungsparameter ist für alle betrachteten Zeiträume positiv, was die
Annahme niedriger Renditeerwartungen bei (fundamental) hohen Kursen
bestätigt. Im Zeitraum von 1970-1995 liegt der Anteil der erklärten Varianz R²
der historischen Risikoprämien zwischen 12% und 20%. In diesem Zeitraum
lassen sich also von fundamentalen Bewertungen Rückschlüsse auf die
nachfolgenden Risikoprämien ziehen. Da sich die fundamentalen Bewertungen
im Zeitablauf verändert haben, müssen sich auch die ex- ante Risikoprämien
verändert haben und damit zeitvariabel sein.

Cochrane berechnet in einer weiteren Studie für den Aktienmarkt der USA im
Zeitraum von 1947-1996 sogar Erklärungsanteile der Dividendenrendite auf die
Varianz der nachfolgenden Überschussrenditen R² in Höhe von 17% (1- jähriger
Prognosehorizont) bis zu 59% (5- jähriger Prognosehorizont).60 Dabei steigt der
Erklärungsgehalt mit dem Prognosehorizont deutlich an. Vor dem Hintergrund
des viel diskutierten „Random Walk“ der Aktienkurse erscheint dieser
Erklärungsanteil erstaunlich hoch.61
Jedoch ändern sich Drobetz` Ergebnisse erheblich, wenn man den Zeitraum von
1995-1999 in die Ergebnisse einbezieht.
Das Bestimmtheitsmaß R² sinkt auf 0% bis 4%, der Steigungsparameter
ist mit t-Werten von deutlich unter zwei nicht mehr statistisch signifikant.
Die fünf Jahre von 1995 bis 1999 vernichten die Erklärungskraft des
Modells also fast vollständig. Eine Erklärung dafür kann schnell gefunden werden:
Zum Ende des vergangenen Jahrzehnts stiegen die Preise im Zuge der
Aktienmarkthausse trotz Dividendenrenditen von unter 2% -
entgegen den Schätzungen des Modells - stark an. Abbildung 4 stellt dies grafisch dar:

Abbildung 4: Dividendenrenditen und Überschussrenditen der Jahre 1970-1999 des MSCI Schweiz
Dividendenrenditen und Überschussrenditen der Jahre 1970-1999 des MSCI Schweiz
Quelle: Drobetz (2000), S.375.

Jedoch dürfte die seit dem Jahr 2000 anhaltende Aktienmarktbaisse, die die These
von niedrigen ex- ante Risikoprämien bei hohen Preisen relativ zu ihren
Fundamentaldaten zu untermauern scheint, die Erklärungskraft des Modells
zumindest teilweise wieder herstellen. Es ist somit relativ wahrscheinlich, dass
die ermittelten Daten zwischen 1995-1999 „Ausreißer“ darstellen und damit ein
Indiz für das Vorhandensein einer spekulativen Blase in diesem Zeitraum sind.

Trevino und Robertson führen in einer jüngeren Studie ebenfalls für den
Aktienmarkt der USA im Zeitraum von 1949 bis 1997 eine Regression des Kurs-
Gewinnverhältnisses auf die nachfolgenden Renditen durch.62 Dabei werden die
Ergebnisse Cochranes und Drobetz` qualitativ bestätigt. Der Anteil der erklärten
Varianz der Renditen R² beträgt dabei je nach Prognosehorizont 7% bis 65%, mit
deutlich ansteigenden Erklärungsanteilen und stark signifikanten t-Werten für
längere Zeithorizonte.

Die These niedriger (hoher) Renditeerwartungen bei fundamental hohen (tiefen)
Kursen kann also auch hier bestätigt werden.

Trevino und Robertson gehen dabei noch einen Schritt weiter und spezifizieren
diese Renditeerwartung in Abhängigkeit des P/E- Verhältnisses. Sie errechnen
anhand der Regression einen Schätzer für die ex- ante Rendite des U.S.
Aktienmarktes über einen 5- Jahres Zeitraum. Dabei gehen sie von einer
jährlichen Renditeerwartung von 20,67% aus, von der dann das momentane P/E-
Verhältnis, multipliziert mit einem Faktor von 0,57, subtrahiert wird.

Für ein P/E- Verhältnis von momentan ca. 30 für den U.S. Aktienmarkt würde
dies eine also eine jährliche Renditeerwatung von 3,57% über die nächsten fünf
Jahre bedeuten. Für niedrigere P/E- Verhältnisse wäre dieser Wert entsprechend
höher.
Es ist also davon auszugehen, dass die ex- ante geforderten Renditen und
Risikoprämien im Zeitablauf variabel waren. Die historisch realisierten Renditen
und Risikoprämien können jedoch nur gute Schätzer zukünftiger Renditen und
Risikoprämien darstellen, wenn diese ex- ante- Werte im Zeitablauf konstant
waren.
Die Verwendung historischer ex- post Renditen und Risikoprämien als Schätzer
für zukünftige Höhen dieser Werte ist also als äußerst kritisch zu betrachten.

 

 

  > weiter  
   
  [50] Vgl. u.a. Campbell/Lo/MacKinlay (1997), S.259.
[51] Vgl. dazu auch die Anmerkungen von Reichenstein anlässlich einer Diskussion im Rahmen des
Equity Risk Premium Forum, in: Leibowitz u.a. (2001), S.74.
[52] Vgl. z.B. Arnott/ Bernstein (2002), Shiller (2000), oder Siegel (1999).
[53] Vgl. Ibbotson/Chen (2003).
[54] Vgl. auch Miller/Modigliani (1961).
[55] Die „unsichtbare Hand“ des Marktes geht auf die Idee von Adam Smith (1776) zurück.
[56] Vgl. Arnott/Asness (2003), S.73ff.
[57] Vgl. Asness (2001), in: Leibowitz u.a. (2001), S.12ff.
[58] Vgl. Drobetz (2000), S.373-375.
[59] Drobetz bestimmt die Risikoprämie als Differenz zwischen der Rendite des MSCI Total Return
[Index für die Schweiz und des 3- Monats- Euromarktzinssatzes für Schweizer Franken.
[60] Vgl. Cochrane (1997), S.7-11.
[61] Zu der Thematik des Random Walk vgl. u.a. Malkiel (2000), S.24ff.
 
   
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