|
4.2.2 Die Problematik
bei der Betrachtung historischer Renditen
Zusätzlich zu der im vorigen Abschnitt beschriebenen Schätzunsicherheit
ergeben
sich einige weitere Probleme, wenn historische Renditen als Schätzer
für ex- ante
Renditen verwendet werden.
Verschiedene Autoren haben in der jüngeren Zeit gezeigt, dass
die historische
Rendite der Aktienmärkte aufgrund einiger systematischer Fehler
gegenüber der
ex- ante von den Investoren erwarteten Rendite nach oben verzerrt
ist.40 Ilmanen
nennt dabei den „survivorship bias“, den „easy
data bias“ sowie das „peso
problem“.41
Der „survivorship bias“ resultiert daraus, dass vorrangig
Kapitalmärkte
beobachtet werden, die in der Vergangenheit eine überdurchschnittliche
Wertentwicklung verzeichnet haben. So werden in der Regel die heute
größten
Kapitalmärkte wie z.B. der der USA herangezogen, um historische
renditegrößen
zu bestimmen. Jedoch haben 4 der 16 größten Kapitalmärkte
des Jahres 1900 im
Zeitablauf Totalverluste hinnehmen müssen - Russland, China,
Argentinien und
Ägypten.
Der „easy data bias“ kommt dadurch zustande, dass regelmäßig
Zeitreihen
verwendet werden, für die die benötigten Daten am leichtesten
verfügbar sind.
Diese Zeitreihen beginnen häufig nach außergewöhnlichen
Ereignissen, wie zum
Beispiel einer Hyperinflation oder Bürgerkriegen. Jedoch sind
Kapitalanlagen
gerade nach solchen Ereignissen meist sehr billig, was zu außergewöhnlichen
Wertsteigerungen während der nachfolgenden Zeitperiode führt.
Auch werden
dabei meist Daten von großen, gut dokumentierten Märkten
verwendet.
Rietz führt das „Peso Problem“ an und argumentiert,
dass die Preise auf den
Aktienmärkten die Möglichkeit eines nachhaltigen Crashs
beinhalten.42
Die Marktbewertung in erfolgreichen Märkten wie dem der USA
waren also auch
dadurch beeinflusst, was hätte passieren können, aber
nicht passiert ist. Die USA
blieben während der vergangenen 100 Jahre von größeren
Katastrophen wie
einem Krieg auf eigenem Territorium, Hyperinflation oder Bürgerkriegen
verschont, mit denen andere Länder zu kämpfen hatten.
Dies war jedoch
keinesfalls ein vorbestimmtes Ergebnis, kein Anleger konnte sich
im Jahre 1900
sicher sein, dass die USA die erfolgreichste Ökonomie des 20ten
Jahrhunderts
werden würde.
Siegel betont jedoch, dass sich diese systematischen Fehler sowohl
auf Aktien als
auch auf Anleihen auswirken und deshalb die historische Risikoprämie
als
Differenz dieser Anlagen nicht nach oben verzerrt sein sollte. Er
folgert sogar,
dass in einem „Weltportfolio“ aus Aktien und Anleihen
die Risikoprämie nicht
niedriger, sondern höher als in den USA ausfallen würde.43
Dimson, Marsh und Staunton ermitteln für ihre 16 betrachteten
Märkte eine im Durchschnitt leicht niedrigere Risikoprämie
von 4,6% im Vergleich zu den 5,1% der USA.44
|
|
Info |
|
|
|
|
|
|
[40] Vgl. z.B. Ilmanen (2003), Arnott/Bernstein (2002) oder Claus/Thomas
(2001).
[41] Vgl. Ilmanen (2003), S.9.
[42] Vgl. Rietz (1988).
[43] Vgl. Siegel (1999), S.13.
[44] Vgl. Dimson/Marsh/Staunton (2002), S.173. Jedoch ist auch hier
zu beachten, dass diese 16
betrachteten Märkte ebenfalls als „survivor“- Märkte
zu betrachten sind. |
|