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4.2.3 Ex- ante geforderte
versus ex- post realisierte Renditen
Ein weiteres Problem bei der Extrapolation historischer Renditen
als Schätzer für
ex- ante geforderte Renditen und Risikoprämien ist die Annahme
der
Zeitkonsistenz. Historische Durchschnittsrenditen sind nur gute
Schätzer
zukünftiger Renditen, wenn die ex- ante Renditen im Zeitablauf
konstant sind und
dabei unerwartete Renditen aus Bewertungsänderungen nicht die
beobachteten
Daten verzerren. Historisch realisierte Renditen sind als schlechte
Schätzer
zukünftiger Renditen anzusehen, wenn die von den Investoren
ex- ante
geforderten Renditen und Risikoprämien im Zeitablauf schwanken.
Die historischen ex- post Risikoprämien sind dann zu unterscheiden
von den ex-
ante, über die Marktpreise eingeforderten und eskomptierten
Risikoprämien.45
Fast zwangsläufig führt eine Hausse am Aktienmarkt und
damit hohe historische
Renditen zu gestiegenen Bewertungskennzahlen, wie z.B. dem Kurs-
Gewinn-
Verhältnis (P/E). Da diese Bewertungskennzahlen nicht unendlich
weiter steigen
können und langfristig zu einem Mittelwert zurückkehren
müssen, verläuft die
Entwicklung der historischen Risikoprämien mathematisch unglücklicherweise
gerade invers zu den ex- ante geforderten Risikoprämien. Das
heißt, dass, unter
der Annahme schwankender ex- ante Renditen, Aktienmärkte genau
dann
niedrige erwartete Risikoprämien bieten, wenn die historischen
Risikoprämien
aufgrund einer vorangegangenen Hausse besonders hoch sind.
Berechnet man nämlich die Werthaltigkeit von Aktienanlagen
anhand der
zukünftig zu erwartenden diskontierten Zahlungsströme,
auf deren
Diskontierungszinsfuss die Risikoprämie hinzu addiert wird,
ist der Wert (Kurs)
dieser Anlagen umso höher, je niedriger der Diskontierungsfaktor
und damit die
Risikoprämie ist.46
Gut darstellen lässt sich die inverse Beziehung der ex- ante
und ex- post Renditen
auch durch eine Betrachtung der Anleihenmärkte. Hohe realisierte
Renditen,
verursacht durch fallende Zinssätze, reduzieren die erwarteten
zukünftigen
Renditen, anstatt sie zu erhöhen. Abbildung
2 zeigt, dass der Zinssatz 10-jähriger
U.S. Staatsanleihen von 1982–2001 im Durchschnitt nur bei
nominalen 8,1% lag,
aber die realisierte jährliche Rendite aufgrund sinkender Zinssätze
(von 14,4%
auf 5,1%) und des damit höheren diskontierten Wertes dieser
Anleihen nominal
10,7% betrug. Der sinkende Zinssatz trug also fast drei Prozent
zur realisierten
Rendite bei. Es macht also wenig Sinn, die historisch realisierte
Rendite von
10,7% als Schätzer für die zukünftige Rendite zu
verwenden, der zu erwartende
Zins betrug im Jahre 2001 nur 5,1%.
Abbildung 2: Auswirkung fallender Zinssätze
und Gewinnrenditen auf die realisierten
Renditen bei Aktien und Anleihen
Quelle: Ilmanen (2003), S.10.
Auch ist in Abbildung 2 deutlich
zu erkennen, dass dieser Effekt im selben
Zeitraum für Aktien durch deren gestiegene Bewertungen bzw.
das fallende
Gewinnrenditen (E/P)47 noch höher
ausfiel. 1982 hatten Aktien in den USA ein
durchschnittliches E/P- Verhältnis von 12,4%, die anschließende
Hausse auf den
Aktienmärkten führte zu einem Sinken dieses Verhältnisses
bis auf 4,0% im
Jahre 2001. Die gestiegene Bewertung von Aktien relativ zu den
Unternehmensgewinnen erklärt damit knapp 6% der jährlichen
nominalen
Rendite von 15,5% des S&P 500 Indexes im Zeitraum von 1982 bis
2001.
Weitere Hinweise auf ein schwanken der ex- ante Risikoprämie
findet Campbell,
der eine Varianzdekomposition der Renditerealisationen durchführt
und dabei die
realisierte Risikoprämie in vier verschiedene Bestandteile
zerlegt:48
(1) die Risikoprämie in der darauffolgenden Periode
(2) neue Informationen über die Risikoprämien in den Perioden
nach der
darauffolgenden Periode
(3) neue Informationen über die aktuellen und zukünftigen
Wachstumsraten
der Dividenden
(4) neue Informationen über den risikolosen Zinssatz
Die Höhe der geforderten ex- ante Risikoprämie hängt
dabei von neuen
Informationen über die zukünftigen Ausprägungen einer
oder mehrerer dieser
Bestandteile ab. Falls also die historischen Risikoprämien
tatsächlich höher als
die ex- ante erwartete Risikoprämien war, und damit Risikoprämien
im Zeitablauf
schwanken, so liegt dies an:
(1) einer tieferen Risikoprämie in der darauffolgenden Periode
(2) einer tieferen Risikoprämie in den Perioden nach der darauffolgenden
Periode
(3) in der Vergangenheit über den Erwartungen liegenden Wachstumsraten
der Dividenden
(4) einer in der Vergangenheit unerwartet tiefen Verzinsung risikoloser
Anlageinstrumente
Ist also die ex- ante erwartete Risikoprämie, wie in den Punkten
(1) und (2)
propagiert, gesunken, würde sich dies durch steigende Kurse
damit einer
historisch höheren Risikoprämie bemerkbar machen. Dies
stünde im Einklang mit
den in der Vergangenheit hohen Renditen und Risikoprämien,
die auf den
Aktienmärkten realisiert werden konnten. Die momentan relativ
zu ihren
fundamentalen Kennzahlen im historischen Vergeich immer noch hohen
Kurse
bzw. niedrigen E/P- Verhältnisse an den Aktienmärkten
sind also als Indikatoren
für zukünftig niedrigere - und nicht etwa höhere
- Risikoprämien zu
interpretieren.
Punkt (3) kann als konsistent mit denen in Abschnitt 4.2.2 vorgestellten
systematischen Fehlern gewertet werden, dass Investoren im frühen
vergangenen
Jahrhundert eben nicht von einem immerwährenden und nahezu
ohne stärkeren
Einbrüchen verlaufenden Anstieg der Dividenden und Gewinne
ausgehen
konnten. Auch scheint es empirische empirische Belege dafür
zu geben, dass,
analog zu Punkt (4), die Verzinsung risikoloser Anlageinstrumente
unerwartet tief
war.49
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