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Strategische Asset Allocation
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4.2.1 Historisch erzielte Renditen und Risikoprämien

Das 20. Jahrhundert kann als das Jahrhundert der Aktie bezeichnet werden.
Dimson, Marsh und Staunton betrachten den Zeitraum von 1900-2000 in 16
verschiedenen Märkten und zeigen, dass in allen betrachteten Ländern während
des 20ten Jahrhunderts Aktien eine deutlich höhere durchschnittliche Rendite
erzielten, als lang laufende Staatsanleihen und kurzfristige Geldmarktanlagen.31
Die Berechnung der jährlichen Durchschnittsrenditen wird dabei in der Literatur
teils anhand geometrischer und teils anhand arithmetischer Durchschnitte
durchgeführt.32
Bei der Verwendung arithmetischer Durchschnittsrenditen wird implizit
unterstellt, dass der anfangs angelegte Betrag über die Zeit konstant bleibt. Die
aus der Anlage resultierenden Gewinne werden dabei entnommen, die Verluste
periodisch ausgeglichen. Arithmetische Durchschnitte werden als einfacher
Mittelwert der periodischen Renditen berechnet:

Arithmetischer Durchschnitt              (9)

Sind die Renditen im Zeitablauf unabhängig und identisch verteilt (Random-
Walk), stellt das arithmetische Mittel einen statistisch unverzerrten Schätzer für
die Rendite der Folgeperiode dar. Arithmetische Durchschnittsrenditen messen
dabei allen möglichen Renditepfaden die gleiche Gewichtung bei, während
geometrische Durchschnittsrenditen nur den tatsächlich beobachteten Renditepfad
berücksichtigen.33

Geometrische Renditedurchschnitte sind jedoch zur Bestimmung der historischen
Performance von Wertpapieren vorzuziehen, da durch sie auch die
Zinsesverzinsung des eingesetzten Kapitals berücksichtigt wird. Der geometrische
Mittelwert lässt sich wie folgt berechnen:

Geometrischer Mittelwert              (10)


Die geometrische Durchschnittsrendite kann, unter der Voraussetzung der
Reinvestition der erzielten Renditen, als Wachstumsrate angesehen werden, mit
der der angelegte Betrag über den Beobachtungszeitraum wächst.

Bei der Berechnung des erwarteten Endwertes auf Grundlage des arithmetischen
Durchschnittes ist Vorsicht geboten; dieser Wert entspricht zwar dem erwarteten
Wert des Endvermögens, wird jedoch bei volatilen Wertpapieren meist aufgrund
einer asymmetrischen Verteilung der Endvermögen unterschritten. Die
Verwendung arithmetischer Durchschnitte beantwortet somit die Frage, welche
Rendite man erwarten sollte, wenn zufällig ein einzelnes Jahr des
Prognosezeitraumes ausgewählt wird. Die geometrische Durchschnittsrendite
hingegen ist bei vorausschauenden Ansätzen derjenige Wert des Endvermögens,
der mit einer 50%- Wahrscheinlichkeit erreicht wird, sprich der Median.
Über die korrekte Verwendung dieser Durchschnittswerte für Prognosen der ex-
ante Risikoprämie besteht in der Literatur durchaus Uneinigkeit. Wird von einer
unabhängigen und identischen Verteilung der zukünftigen Renditen ausgegangen,
wird meist der arithmetische Mittelwert vorgezogen, während unter der Annahme
einer Autokorrelation der Renditen der geometrische Durchschnitt propagiert
wird.34 Campbell schlägt sogar die Verwendung eines Mittelwertes aus beiden
Werten vor.35

Grundsätzlich ist dabei der arithmetische Durchschnitt höher als der
geometrische. Der Unterschied zwischen dem arithmetischen und dem
geometrischen Mittel ist dabei umso größer, je höher die Volatilität des
betrachteten Renditepfades ist.36 Als Faustformel zur Umrechnung von einem
arithmetischen in einen geometrischen Durchschnitt gilt:

aritmetische und geometrische rendite              (11)

Diese gilt als gute Approximation, wenn man logarithmisch normalverteilte
Renditen unterstellt.37
Tabelle 1 zeigt arithmetische und geometrische jährliche Durchschnitte der realen
Renditen auf Aktien und langfristigen Staatsanleihen sowie die resultierenden
Risikoprämien in den USA, Deutschland, Japan, Frankreich und Großbritannien
im Zeitraum von 1900-2000.

Tabelle 1: Arithmetisch und geometrisch erzielte Renditen und Risikoprämien
verschiedener Märkte im Zeitraum von 1900- 2000

Arithmetisch und geometrisch erzielte Renditen und Risikoprämien verschiedener Märkte im Zeitraum von 1900- 2000
*Weltweit bezieht sich auf den Durchschnitt der 16 von Dimson/Marsh/Staunton
betrachteten Märkte.
Quelle: Dimson/Marsh/Staunton (2002).


Diese fünf Länder repräsentierten am Anfang des Jahres 2000 zusammen über
75% der weltweiten Marktkapitalisierung in Aktien.38
Im Folgenden werden, wenn nicht anders angegeben, Durchschnittsrenditen in
geometrischen, realen Werten angegeben.
Die Durchschnittsrendite des Aktienmarktes der USA im Zeitraum von 1900-
2000 betrug 6,7%, mit einer Risikoprämie gegenüber langfristigen Staatsanleihen
von 5,1%. Deutschland schneidet von den betrachteten Märkten sowohl bei den
Aktien als auch bei den Anleihen am schwächsten ab. Die durchschnittliche
Rendite von Aktien lag bei 3,6%, die Rendite langlaufender Staatsanleihen bei
-2,2%, was zu einer Risikoprämie von 5,8% führte. Betrachtet man für
Deutschland den Zeitraum nach dem Zweiten Weltkrieg von 1950-2000, erhält
man eine durchschnittliche historische Rendite auf Aktien von 9,1%, für Anleihen
ergab sich eine jährliche Rendite von 3,7%. Die daraus resultierende
Risikoprämie beträgt 5,4%.
Die jeweiligen Risikoprämien für Japan, Frankreich und Großbritannien liegen im
Zeitraum von 1900-2000 bei 6,1%, 4,8% und 4,5%.39

In der Praxis werden diese historisch beobachteten ex- post Renditen häufig als
Schätzer für die ex- ante erwarteten Renditen verwendet. Dabei wird implizit
unterstellt, dass die beobachteten Renditen im Zeitablauf konstant sind.
Jedoch ist die historische Betrachtung mit erheblichen Schätzrisiken belastet.
Tabelle 2 zeigt zusätzlich zu den beobachteten Durchschnittsrenditen und
Risikoprämien die Volatilität der Renditen von Aktien und Anleihen für die
Märkte der USA und Deutschlands. Die Größe des Schätzfehlers wird dabei
durch die Standardabweichung der Mittelwerte gemessen. Von Schätzfehlern
spricht man, wenn die Ausprägungen der zu schätzenden Parameter von den
tatsächlichen, aber unbeobachtbaren Werten abweichen.
Die Standardabweichung der Mittelwerte bzw. die Höhe des Schätzfehlers ergibt
sich in Abhängigkeit der Standardabweichung der Rendite und der Länge des
Untersuchungszeitraums:

Höhe Schätzfehler              (12)

Tabelle 2: Historische reale Renditen und Standardabweichungen der Märkte der USA und Deutschlands im Zeitraum von 1900-2000 (in %)


Historische reale Renditen und Standardabweichungen der Märkte der USA und Deutschlands im Zeitraum von 1900-2000 (in %)
Quelle: Dimson/Marsh/Staunton (2002), eigene Darstellung.

Auch bei der Verwendung sehr langer historischer Datensätze verbleibt ein hohes
Schätzrisiko. Für den sehr langen Zeitraum von 1900-2000 ergibt sich, unter der
Annahme einer Normalverteilung der Renditen, in den USA ein 95%
Konfidenzintervall der realen historischen Aktienrenditen zwischen 6,7%-1,96 ·
2,0% = 2,8% und 6,7%+ 1,96 · 2,0% = 10,6%, für Deutschland ergeben sich auf
Basis des 95% Konfidenzintervalls Werte zwischen 3,6%-1,96 · 3,2%= -2,7% und
3,6%+1,96 · 3,2% = 9,9%. Die 95% Konfidenzintervalle der durchschnittlichen
Risikoprämie von Aktien auf langfristige Staatsanleihen liegen für die USA
zwischen 5,1% -1,96 · 2,0 % = 1,2% und 5% +1,96 · 2,0% = 8,9% sowie für
Deutschland zwischen 5,8% -1,96 · 2,9% = 0,1% und 5,8% +1,96 · 2,9% =
11,5%.

Durch die hohe Volatilität der historischen Renditen und Risikoprämien erscheint
es also äußerst schwierig, plausible Aussagen über die Höhe der zukünftigen
Renditen und Risikoprämien zu treffen.

Immerhin lässt sich eine statistisch signifikante Aussage darüber treffen, ob die
Risikoprämie auf Aktien langfristig positiv ist. Zwei einfache t-Tests der Form

              (13)

für die USA und

              (14)

für Deutschland zeigen dies auf einem 5% Signifikanzniveau.
Bei gegebenen Parametern ist dafür aber mindestens ein Zeitraum von rund



Jahren für die USA und



Jahren für Deutschland nötig.

Aufgrund der hohen Schätzunsicherheit werden deshalb in der Regel sehr lange
Zeiträume betrachtet, um zukünftig erwartete Renditen und Risikoprämien zu
bestimmen. Jedoch beinhalten diese die Gefahr von Strukturbrüchen; die
Bedingungen an den Aktienmärkten des 19ten oder frühen 20ten Jahrhunderts
waren grundlegend andere als heute.

 

 

  > weiter  
   
  [31] Vgl. Dimson/Marsh/Staunton (2002), S.167 und S.173.
[32] Vgl. u.a. Ibbotson Associates (2001).
[33] Vgl. u.a. Drobetz (2000), S.367-369.
[34] Vgl. u.a. Kritzman (2000), Kapitel 4.
[35] Vgl. dazu die Ausführungen Campbells in: Leibowitz u.a. (2001), S.45.
[36] Der Begriff „Volatilität“ wird synonym verwendet zum Begriff „Standardabweichung“.
[37] Vgl. Reimer/Zanker (2003), S.93
[38] Vgl. Dimson/Marsh/Staunton (2002), S.12.
[39] Auch nach den starken weltweiten Kursverlusten der vergangenen drei Jahre liegen die Werte für die durchschnittliche Rendite auf Aktien sowie die durchschnittlichen Risikoprämien in allen betrachteten Märkten für den Zeitraum von Januar 1900 - Mai 2003 aufgrund des sehr langen Beobachtungszeitraums nur leicht unterhalb der angegebenen Werte. Diese leicht niedrigeren Werte unterscheiden sich qualitativ nicht von den angegebenen Werten.
 
   
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