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Strategische Asset Allocation
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4.4.3 Modellergebnisse

Arnott und Bernstein untersuchen anhand des Dividend Discount Modells, ob die
hohen historischen Risikoprämien mit den ex- ante, von den Investoren
(historisch) geforderten Risikoprämien in den USA konsistent waren.112 Sie gehen
dabei der Frage nach, welche Risikoprämie von den Investoren zum jeweiligen
Zeitpunkt objektiv erwartet werden konnte. Dazu konstruieren sie eine bis 1802
zurückreichende Zeitreihe von historischen Aktien- und Dividendenrenditen. Als
Schätzer für das „wahre“ (erwartete) Dividendenwachstum G verwenden sie die
durchschnittliche pro- Kopf- Wachstumsrate der Volkswirtschaft abzüglich eines
Verwässerungseffekts (vgl. Abschnitt 4.4.2.1) von ca. 60 Basispunkten. Als
Ergebnis erhalten Arnott und Bernstein eine durchschnittliche, objektiv von den
Investoren ex- ante erwartete Aktienrendite im Zeitraum von 1802-2001 von real
6,1%. Eine objektive Bewertung von langlaufenden Staatsanleihen im selben
Zeitraum hätte demnach eine durchschnittliche Rendite von real 3,7% ergeben.

Daraus ergibt sich laut Arnott und Bernstein unter objektiven
Bewertungsmassstäben eine durchschnittliche „normale“ ex- ante Risikoprämie
von 2,4%, die deutlich unter der tatsächlich in diesem von Zeitraum von 1802-
2001 beobachteten ex- post Risikoprämie von knapp 3,3% liegt und die nur halb
so groß ist wie die während dem letzten Jahrhundert beobachtete ex- post
Risikoprämie von rund 5%. Im letzten Jahrhundert lag demnach die ex- ante
Risikoprämie nur während der beiden Weltkriege und nach dem Börsencrash von
1929 über 5%, in großen Teilen der 80er und 90er Jahre erhalten Arnott und
Bernstein sogar negative ex- ante Risikoprämien von unter null Prozent. In
Abbildung 5 ist dies für den Zeitraum von 1945-2001 grafisch dargestellt:


Abbildung 5: Ex- ante Risikoprämie und darauffolgende durchschnittliche 10-jährige
Überschussrendite

Ex- ante Risikoprämie und darauffolgende durchschnittliche 10-jährige Überschussrendite
Quelle: Arnott/Bernstein (2002), S.80.

Als Gründe für die vergleichsweise hohen historischen ex- post Risikoprämien
nennen Arnott und Bernstein die (einmalige) Veränderung der fundamentalen
Bewertung für Aktien (u.a. die Vervierfachung des Kurs- Gewinnverhältnisses
über den Betrachtungszeitraum), die deren ex- post Rendite erhöhte sowie die
(vor allem während der 1960 und 1970er Jahre) unerwartet hohe Inflation, die die
reale ex- post Rendite von Anleihen niedriger ausfallen ließ. Ihre Prognose für die
zukünftige Risikoprämie sieht dann auch ernüchternd aus: Sie erwarten für U.S.-
Aktien und langfristige U.S.- Staatsanleihen eine durchschnittliche jährliche
Rendite von jeweils real 2-4 % und damit eine Risikoprämie von ca. 0%.

Mit einer ähnlichen Vorgehensweise kommt Ilmanen zu einer etwas
optimistischeren Prognose.113 Ilmanen ersetzt die tatsächliche Dividendenrendite
durch eine adjustierte Gewinnrendite um die in Abschnitt 4.4.2.2 besprochenen
Probleme eines dividendenbasierten Ansatzes zu umgehen. Dabei verwendet er
geglättete Gewinnrenditen (E/P),114 für die er eine konstante Ausschüttungsrate
von 59% unterstellt. Die langfristige Wachstumsrate der Gewinne (und damit
durch die konstante Ausschüttungsrate der Dividenden) G bestimmt Ilmanen aus
den durchschnittlichen realen Gewinnwachstumsraten der letzten 10, 20, 30, 40
und 50 Jahre und einem Ankersatz von 2%. Als Schätzer für den risikofreien Zins
verwendet Ilmanen die erwartete nominale Rendite 20- und 30- jähriger U.S.
Schatzwechsel abzüglich der über eine Konsensschätzung ermittelten langfristig
erwarteten Inflation. Tabelle 7 zeigt das Ergebnis seines Modells:

Tabelle 7: Prognosen der Aktien- und Anleihenrendite sowie die zugrundeliegenden
Inputannahmen

Prognosen der Aktien- und Anleihenrendite sowie die zugrundeliegenden Inputannahmen
Quelle: Ilmanen (2003), S.20. Eigene Darstellung.

Ilmanen kommt aufgrund optimistischerer Annahmen über die zukünftigen
Gewinn- bzw. Dividendenwachstumsraten zu einer ex- ante Risikoprämie von
2,5%. Als Kritik an Ilmanens Modell bleibt anzumerken, dass er als Schätzer für
die Dividendenrendite kumulierte operative Gewinne der Unternehmen
verwendet. Jedoch haben operative Gewinne bei Gesamtmarktbetrachtungen
nahezu keinen Erklärungsgehalt. Operative Gewinne sind typischerweise die
Gewinne der Geschäftsteile, die „nach Plan“ beziehungsweise gut verlaufen sind.
Hohe außerplanmäßige Abschreibungen, z.B. auf das Anlagevermögen, mögen
außergewöhnliche Vorgänge für das einzelne Unternehmen darstellen, sind
jedoch bei der Gesamtmarktbetrachtung als gewöhnlich anzusehen. Demnach
überschätzen operative Gewinne die Bewertung des Gesamtmarktes, sie bewerten
vielmehr nur die „erfolgreichen“ Investitionen der Unternehmen.115

Während das Standard- DDM eine statische, „auf ewig“ realisierbare
Wachstumsrate G der Dividenden vorsieht, werden die Modelle in der jüngeren
Literatur häufig mehrstufig formuliert. In diesen mehrstufigen Modellen werden
die Gewinne bzw. Dividendenzahlungen für verschiedene Zeiträume geschätzt.

So verwendet Cornell ein dreistufiges DDM, bei dem die Wachstumsraten der
Dividenden in den ersten 5 Jahren mit der von I/B/E/S (Institutional Brokers
Estimates System) vorhergesagten 5-Jahres-Wachstumsrate bestimmt werden.116
Im darauf folgenden, 15 Jahre andauernden Zeitraum konvergieren diese
Schätzungen linear zum erwarteten Langfristwachstum der Volkswirtschaft und
sind schließlich nach 20 Jahren vollständig an dieses angepasst. Die Daten
wurden von Cornell zum 31. Dezember 1996 ermittelt. Dabei berechnet er
zunächst die erwarteten Renditen für jede Aktie einzeln um sie dann
kapitalisierungsgewichtet auf den Gesamtmarkt zu aggregieren.117 Als Ergebnis
berechnet Cornell eine erwartete nominale Rendite für den Aktienmarkt von
11,3% jährlich. Die Rendite langfristiger U.S. Staatsanleihen schätzt Cornell auf
nominell 6,8 % jährlich, was zu einer Risikoprämie auf Aktien von 4,5% führt.
Als Kritik bleibt anzumerken, dass Cornell seine Berechnung nur für Aktien
durchführt, die zum Stichtag eine Dividendenrendite von mindestens 3%
aufwiesen. Dies könnte zu einer systematischen Verzerrung („Selection Bias“)
der berechneten Werte nach oben geführt haben.

Ein 2- stufiges Dividend Discount Modell wählen Jagannathan, McGrattan und
Scherbina.118 Als Proxy für das Marktportfolio wählen sie dabei den sehr
breitgefassten BOG- Stocks Index.119 Dieser hatte Ende 1999 eine
Dividendenrendite von 2,6%, langfristige Staatsanleihen boten demnach zu
diesem Zeitpunkt eine nominale Rendite von 6,82%. In der ersten Stufe über 5
Jahre wird das Dividendenwachstum G auf (nominale) 9,9% geschätzt um dann
anschließend zu seinem durchschnittlichen nominalen Wachstum von 6,9%
zurückzukehren. Daraus ermitteln Jagannathan, McGrattan und Scherbina eine
Risikoprämie auf Aktien von 3,04%.
Für den S&P 500 Index ermitteln sie in einem einstufigen Modell aufgrund einer
niedrigeren Dividendenrendite (1,36%) und niedrigeren nominalen
Wachstumsraten (5,19%) eine negative Risikoprämie von -0,27 %. In einem
weiteren Ansatz setzten sie das langfristige Dividendenwachstum mit dem
langfristigen Wachstum des Bruttoinlandproduktes gleich und erhalten damit eine
Risikoprämie von 1,26% auf den S&P 500. Obwohl hier durch die Verwendung
nominaler historischer Wachstumsraten die zukünftige nominale Rendite auf
Aktien aufgrund gesunkener Inflationsraten wohl überschätzt wird, dürfte sich
dies aufgrund der ebenfalls in nominalen Werten gehaltenen Schätzungen für die
Rendite langfristiger Staatsanleihen kaum auf die Höhe der Risikoprämie
auswirken.

 

 

  > weiter  
   
  [111] Vgl. Ilmanen (2003), S.17.
[112] Vgl. Arnott/Bernstein (2002).
[113] Vgl. Ilmanen (2003). Ilmanen betrachtet ebenfalls den U.S.- Aktienmarkt mit dem S&P 500 als
Proxy für das Marktportfolio aus Aktien.
[114] Dabei glättet Ilmanen die aggregierten Gewinne der Unternehmen über einen 5-Jahres
Zeitraum um deren höheren Standardabweichungen im Vergleich zur Dividendenrendite
Rechnung zu tragen und dadurch weniger volatile Schätzungen zu erhalten.
[115] Vgl. Arnott (2003), S.10-11.

[116] Vgl. Cornell (1999), Kapitel 3.
[117] Cornell verwendet als Proxy für den Gesamtmarkt den S&P 500 Index.
[118] Vgl. Jagannathan/McGrattan/Scherbina (2000).
[119] Der BOG-Stocks Index wird veröffentlicht durch das Federal Reserve System Board of
Governors. Er enthält sämtliche von U.S.- Bürgern gehaltene Aktien.
 
   
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